Nach 10 Jahren Wachstum war 2019 die Wende. Mehr denn je ist jetzt Mut gefragt!

19. Dezember 2019

Der Übergang vom analogen zum innovativen, digitalen Wirtschaftsstandort vollzieht sich in Deutschland auch im Jahr 2019 noch immer mühsam. Es ist nicht so, dass über die vergangenen Jahre nicht etwas in Gang gekommen wäre. Die Unternehmen haben teilweise begonnen, bestehende Prozesse und ihr Geschäftsmodell zu digitalisieren. Dennoch bleibt der Eindruck, im Sinne echter digitaler Innovation sowie neuer Geschäftsmodelle, neuer digitaler Services und nachhaltiger Digitalumsätze, hat sich in der Breite kaum etwas getan.

Die deutschen Unternehmen sind saturiert, arbeiteten auch in diesem Jahr noch ihre vollen Auftragsbücher ab und spürten kaum Druck ins digitale Neuland aufzubrechen. Das hat auch noch einmal sehr eindrücklich die etventure-Studie 2019 gezeigt, die wir im Oktober mit Interviews unter anderem mit Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär oder Klöckner-CEO Gisber Rühl veröffentlicht haben.

2019 kam nun etwas dazu, was die Ausgangslage für das digitale Deutschland nicht unbedingt einfacher macht – die Konjunktur schwächt sich ab. Die Anzeichen sind kaum zu übersehen: Der internationale Währungsfonds sieht die Wirtschaft fast aller Länder im Abschwung, die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognose für 2020 gesenkt. Und auch wenn es jetzt zum Jahresende laut ifo Geschäftsklimaindex heißt, die Stimmung in der deutschen Wirtschaft habe sich verbessert, heißt es auch dort, die Lage bleibe angespannt.

Mit dem Ende der konjunkturellen Hochphase laufen die Unternehmen nun Gefahr,  wichtige Entscheidungen und Investitionen, insbesondere auch in Mitarbeiter oder in neue Geschäftspotentiale zu vertagen. Wenn sich die Konjunktur aber weiter abschwächt und Auftragsbücher leer sind, gibt es zwar genug Zeit für das Thema Digitale Transformation, meistens werden dann aber die Innovationsbudgets gekürzt.

Der Übergang zu einem digital gesteuerten Geschäftsmodell zu schaffen ist nicht nur wichtig, um sich vom Wettbewerb abzugrenzen, es ist überlebenswichtig. Die Digitalisierung hat sämtliche Prozesse beschleunigt und im Zuge dessen auch das Sterben schneller gemacht. Im Jahr 1958 betrug die Lebensdauer eines Fortune 500-Konzerns 61 Jahre, 1980 waren es noch 25 Jahre – und 2011 gerade einmal 18 Jahre.

Um jetzt also die Weichen zu stellen, um auch in Zukunft noch als Unternehmen, als Deutschland und als Europa eine wichtige und führende Rolle einzunehmen und in einem Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell in Einklang mit unseren Werten zu leben, braucht es jetzt vor allem eines: Mut! Mut, den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben und Werte für die Zukunft zu schaffen.

Für den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft benötigen wir Pioniergeist statt Bedenkenträger – und vor allem Mut zur Zukunft

Es ist ein Herzensthema, das sich 2019 für mich weiter herauskristallisiert hat: Mut! Wir brauchen insgesamt mehr Mut in Wirtschaft und Gesellschaft. Egal mit welchen Top-Führungskräften ich aktuell spreche: Ausnahmslos alle spüren den Wettbewerbsdruck im In- und Ausland. Aber viele begeben sich in eine Art Abwehrhaltung. Nur wenige sagen: Jetzt erst recht!

Dabei ist gerade in schwierigen Zeiten kaum eine Eigenschaft so wertvoll wie Mut. Und es gibt durchaus mutige Menschen. Ich habe eine Reihe dieser Menschen im Rahmen meines Video- und Podcastsformats ChangeRider in diesem Jahr wieder interviewt. Mit dieser Non-Profit-Initiative gebe ich spannende Einblicke in aktuelle Themen unseres gesellschaftlichen Wandels, wie etwa Digitalisierung, Unternehmenskultur, New Work, Bildung oder Diversity. Hier kommen Menschen zu Wort, die den Wandel tatsächlich gestalten, die Digitalisierung vorantreiben, Gesellschaft und Menschen nach vorne bringen. Sie finden offene Worte und haben keine Angst, die Dinge beim Namen zu nennen – so zum Beispiel:

Scout24-Gründer Joachim Schoss:

„Ich denke, die Brexit-Wahl oder Trump-Wahl spiegeln das Bedürfnis der Bürger nach Disruption wider. Man sollte sich die Dinge im Sinne des ‚Greenfield-Approach‘ mal anschauen, daraus Schlüsse ziehen und einfach mal ausprobieren, auch in der Politik!“

Telekom-Geschäftsführer Rickmann:

„Das nächste Thema, was ich für absolut disruptiv halte, ist künstliche Intelligenz, Analytics und Business-Intelligence. Wir stehen bei diesen Themen erst noch am Anfang, aber das geht ins Herz eines jeden Unternehmens, ob klein, mittel oder groß. Da sind wir in Deutschland in der Grundlagenforschung absolut führend. Es wäre doch schön, wenn das erfunden, entwickelt und in Deutschland an den Markt gebracht werden würde.“

Valerie Mocker, Entwicklungschefin der Innovationsstiftung Nesta:

„Digitalisierung muss im Alltag von Menschen starten und nicht irgendwo an runden Tischen, wo alte, weiße Männer sitzen und über unsere Zukunft reden“.

Philosoph Markus Gabriel:

„Die sozialen Netzwerke müssten uns einen Mindestlohn zahlen“

Daniel Jung, „Mathe-YouTube-Rockstar und New-Learning-Entrepreneur:

„Wir stehen mitten in einem gravierenden Wendepunkt der Bildung wie seit 1.000 Jahren nicht mehr. Mit dem Effekt, dass wir uns ein neues Verständnis von relevanten Fähigkeiten für die Zukunft aneignen müssen. Für die persönliche Entwicklung und für die Aus- und Weiterbildung, insbesondere in Bezug auf KI-Themen, ist New Learning der Schlüssel!”

22 Interviews solcher offenen und zukunftsgewandten Interviews habe ich jetzt auch als Buch veröffentlicht: „ChangeRider. Pioniergeister statt Bedenkenträger“ ist seit Ende November im Handel. Unter anderen mit diesen Geschichten will ich den Menschen zeigen, wie die heute meist digitalen Innovationen ihr Leben positiv bereichern und dass es sich lohnt, den Wandel aktiv zu gestalten. Innovationen und Wandel sind die Basis für unseren Erfolg als Wirtschaft und Gesellschaft.

So vielfältig die Gäste sind, so sind es auch die Themen, die es alle verdienen mutig und mit Nachdruck vorangetrieben zu werden.

Die eigenen Mitarbeiter ermutigen und einbinden, ihnen Vertrauen entgegenbringen und für den digitalen Wandel befähigen

Unternehmen möchte ich mit auf den Weg geben: Der Schlüssel, einer der wichtigsten Hebel zu weiterem Unternehmenswachstum, neuen Zielgruppen und neuen Umsätzen liegt in der Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle und im Aufbau von Digitalkompetenzen. Dies ist umso wichtiger, sollte sich die wirtschaftliche Lage weiterhin verschlechtern und es nötig sein, potentielle Umsatzrückgänge im klassischen Geschäft zu kompensieren. Es ist aber vor allem langfristig entscheidend, um am Markt in einer Spitzenposition bestehen zu können.

Dabei ist wichtig, ein Verständnis dafür zu entwickeln, dass Digitalisierung nicht zuerst ein Technikwandel, sondern ein Kulturwandel ist – Mensch first, Technologie second. Die Hausaufgabe für viele Führungskräfte wird zukünftig mehr denn je sein, die eigenen Mitarbeiter zu ermutigen und einzubinden, ihnen Vertrauen entgegenzubringen und für den digitalen Wandel zu befähigen. Zudem müssen im Unternehmen Räume und Strukturen für mehr Kreativität und Eigenverantwortung geschaffen werden, die den Mitarbeitern auch ermöglichen, ihr neu erlerntes Digital Know-how aktiv umzusetzen.

Darüber hinaus haben wir noch so viel mehr Herausforderungen zu bewältigen. Die letzten 20 Jahre haben unser Leben bereits fundamental verändert. Aber wir werden keine Pause bekommen. Die Herausforderungen im bald anbrechenden neuen Jahrzehnt werden noch stärker sein: Die Gestaltung der Bildung unserer Kinder und des lebenslangen Lernens, die sozialen Auswirkungen disruptiver Technologien, die Migration und natürlich der Klimawandel.

Um diese Themen radikal anzugehen und damit unsere Zukunft in unserem Sinne zu gestalten braucht es Mut, Toleranz und nicht zuletzt die Erkenntnis, dass wir es selbst in der Hand haben.

Nutzen wir also die Feiertage, um Kraft und Energie für das nächste Jahr zu tanken. Zu guter Letzt bleibt mir noch zu sagen: Danke für ein tolles Jahr, mit tollen Menschen! Ich danke vor allem meinen Mitarbeitern, unserem Management und meinem Gründerteam. Gemeinsam konnten wir etventure formen, gestalten und voranbringen. Ich wünsche allen eine besinnliche Weihnachtszeit. Bleibt mutig!

#happy #xmas


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Autor

Zunächst als Berater, dann als CEO eines mittelständischen Unternehmens mit 250 Mitarbeitern und heute als Gründer und Geschäftsführer von etventure beschäftigt sich Philipp Depiereux mit Innovationsprojekten. Gemeinsam mit seinen Partnern gründete er 2010 Digitalberatung und company builder etventure, um seine Erfahrungen als Unternehmer und Innovationstreiber im Mittelstand, in der Konzernwelt, in Startups sowie in Digitalprojekten im Silicon Valley in einem Unternehmen zu vereinen. Der Gründer und Geschäftsführer gilt als Messias der Digitalisierung im deutschen Mittelstand und wurde vergangenen Jahres als eine der LinkedIn Top Voices 2019 ausgezeichnet. In seinen Vorträgen zu den Themen Digitale Transformation und Innovation sorgt er für Aufbruchstimmung, motiviert Unternehmen und erklärt praxisnah, wie die Digitalisierung gelingt. Darüber hinaus ist Philipp Depiereux Initiator und Moderator des gemeinnützigen Video- und Podcastformats “ChangeRider”, das positive Geschichten und Erfolge rund um Innovation, Disruption und den digitalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft erzählt.

Co-Autor

Christian van Alphen leitet die Kommunikation bei etventure. Darüber hinaus ist er Co-Initiator des ChangeRider: Ein Video- und Podcastformat mit der Mission, die positiven Geschichten rund um den digitalen Wandel zu erzählen und damit Mut für die Zukunft zu machen.

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