Die Zukunft der Bildung – welche Fähigkeiten braucht der Mensch im digitalen Wandel?
26. März 2020
Was müssen wir heute lernen, um auf morgen vorbereitet zu sein? Welche Fähigkeiten, welches Wissen werden wir zukünftig benötigen, um in der Arbeitswelt bestehen zu können?
Um diese Fragen mit einigen der innovativsten Köpfe auf diesem Gebiet zu diskutieren hat sich etventure mit der CODE University in Berlin zusammengetan und für das “Future of Education” Event im wavespace Berlin eingeladen. Die Zukunft der Bildung im digitalen Wandel – wie muss sie aussehen? Mit dabei waren “Mutmacherin des Jahres 2018” (Handelsblatt) Anne Kjaer Bathel, der 20-jährige EduTech Gründer Rubin Lind, ESMT Business School Professorin Catalina Stefanescu-Cuntze und CODE University Präsident Manuel Dolderer. Hier ein Rückblick auf einen Abend mit spannenden Diskussionen und vielen Erkenntnissen, die im Angesicht von digitalem Lernen, Homeschooling und Kita Schließungen an Bedeutung gewinnen.
Wir erleben eine Zeit des Wandels, die durch adaptive Algorithmen wie KI, riesige Datenmengen und die digitale Vernetzung von Objekten im Bereich IoT und IIOT geprägt ist. Die Anforderungen an Unternehmen, Mitarbeiter und uns Bürger wandeln sich rasant und während immer wieder neue Möglichkeiten entstehen, drängen sich mindestens genauso viele Fragen auf. Welche Fähigkeiten, welches Wissen benötigen wir, um im Rahmen der digitalen Transformation zu agieren?
Einen ersten Blick der Diskussion an diesem Abend lenkte Moderator und etventure Ökosystem Experte Xin Chen auf den Arbeitsmarkt. “In den nächsten zwei Jahren werden sich voraussichtlich 42 Prozent der Kernkompetenzen, die wir für die Ausübung bestehender Tätigkeiten und Berufe benötigen, verändern”, zitiert er das World Economic Forum von diesem Jahr. Doch um welche Kernkompetenzen handelt es sich und welche Fähigkeiten rücken bei dieser Veränderung in den Fokus? ”Etwas, das sich momentan extrem stark verändert, ist die Notwendigkeit für Arbeitnehmer, mit der Ungewissheit und Komplexität umgehen zu können. Kritisches Denken, unabhängiges Urteilsvermögen und die Fähigkeit, große Mengen an Informationen sinnvoll zu verarbeiten, wird immer mehr zu einer Kernkompetenz”, führt Catalina Stefanescu-Cuntze, Professorin an der ESMT Business School Berlin, weiter aus. Ungewissheit und Komplexität, die hier angesprochen werden, werden in der Theorie unter dem Modell der VUCA-Welt beschrieben. Volatilität (volatility), Ungewissheit (uncertainty), Komplexität (complexity) und Unklarheit (ambiguity) unserer Umgebung verlangen immer neue Fähigkeiten.
Doch wo genau sollten Bildungseinrichtungen ansetzen, wie können Weiterbildungen helfen und welche Art von Bildung braucht es überhaupt, um uns mit den nötigen Fähigkeiten zu versorgen? Für Manuel Dolderer, Präsident der CODE University Berlin, “beginnt (dabei) alles mit der Selbsterfahrung – wie man sich in bestimmten sozialen Kontexten verhält, handelt und kommuniziert.” Es sind die soziale Kompetenzen, die das Fundament für das Lernen bilden. Denn klar ist, Lernen ist kein einseitiger Prozess. Es ist der Aufbau von Beziehungen, von langfristigem Engagement. “Deshalb ist beispielsweise wirkliches Teamworking ein guter Weg.” Aber das erfordere eben soziale Fähigkeiten, die entwickelt werden müssen, ergänzt Professorin Catalina Stefanescu-Cuntze. In diesem Punkt wird ein Gefühl der Einigkeit unter den Panelisten und den über 130 Teilnehmern im wavespace Berlin spürbar. Doch bedeutet das auch, dass Homeschooling und Internetportale für den Unterricht zwar die richtigen Antworten auf die derzeitige Corona-Krise sind, langfristig es jedoch andere Ansätze zur Förderung der sozialen Kompetenzen im digitalen Wandel geben muss?
Rubin Lind, Gründer der Lernapp für Schüler Skills4School, sieht es dabei als zentrale Aufgabe der Schule soziale Kompetenzen und Fähigkeiten zu fördern. Gerade weil dies die Fähigkeiten sind, “die nicht durch Maschinen ersetzt werden können. Wir sollten jedem den Raum geben, diese Fähigkeiten zu trainieren.” Die Schule muss sich verändern. Dabei geht es um das Ganze. “Die Schule ist immer noch auf die Bedürfnisse einer Industrie ausgerichtet, die es nicht mehr gibt”, ergänzt Manuel Dolderer. Wir müssen sozialen Kompetenzen eine integrale Rolle zukommen lassen und interdisziplinäre Ansätze fördern, um uns auf die wachsende Komplexität unserer Umgebung und somit die Anforderungen an uns bereits früh vorzubereiten. Denn wenn sich alles um uns herum stetig verändert, müssen wir gelernt haben zu lernen und mit Komplexität umzugehen, fügt Anne Kjaer Bathel, CEO und Mitbegründerin der ReDI School of Digital Integration noch hinzu. Dann ist das “Lernen das A und O – egal, ob man 5 oder 95 Jahre alt ist. Wir müssen uns deshalb auf den Lernprozess fokussieren.”
Was an diesem Abend noch niemand ahnte war, wie schnell das Corona Virus COVID-19 nun auch die Bildung und jegliche Bildungseinrichtungen in Europa einem Stresstest aussetzt und sie teilweise in kürzester Zeit zum Erliegen brachte. Auch wenn zahlreiche Lernmanagementsysteme vielen Schulen und ihren SchülerInnen das Homeschooling ermöglichen, zeigt sich an dieser Situation, dass wir in Deutschland noch viel Nachholbedarf haben. Die Digitalisierung im Bereich des Bildungssystems und die richtige Umsetzung digitaler Weiterbildung lassen flächendeckend noch auf sich warten und könnten gerade in dieser Zeit eine große Unterstützung sein. Gleichzeitig bedeutet die Zukunft der Bildung aber auch mehr zu gestalten, als den Lernstoff in eine Internetplattform einzupflegen.
An diesem Abend wurden zahlreiche Punkte sehr deutlich:
Das Thema “Future of Education” beinhaltet diverse Aspekte in einer Menge, die das Fassungsvermögen einer Abendveranstaltung klar übersteigt. Dennoch konnten einige Erkenntnisse gesammelt werden:
- Schulische Bildung: Sozialen Kompetenzen muss eine integrale Rolle zukommen. Interdisziplinäre Wissensvermittlung, kritisches Denken und das Lösen von realen Problemen muss Fundament schulischer Bildung werden.
- Neue Ansätze für Unternehmen: Soziale Kompetenz zu fördern bedeutet nicht nur Teamwork und Teambuilding. Es geht auch um Ansätze der Mitarbeiterbefähigung und Agile Methoden. Um schließlich diese Potentiale auch extern zu nutzen brauchen wir mehr Co-creation- und Ecosystem-Ansätze zwischen Partnern und Konkurrenten.
- Und für unseren Alltag: Neugier! “Tu jeden Tag eine Sache, die dir Angst macht (…) um dich an das Ungewohnte zu gewöhnen!”, betonte Anne Kjaer Bathel und bildet damit den perfekten Abschluss des Abends.
Die lebendige Diskussion im Anschluss an den Panel-Talk, sowie die Rückmeldungen der über 130 TeilnehmerInnen, zeigten uns, wie wichtig es ist, gemeinsam an diesen Themen zu arbeiten.
“Ihr müsst diese Veranstaltung wieder machen. Das Format, die Menschen… das Thema ist einfach zu wichtig, als dass wir das Potential ungenutzt lassen könnten durch diese inspirierenden Menschen, die durch diese Initiative zusammenkommen, unsere Kräfte zu bündeln und etwas an unserer Bildung zu ändern, etwas Besseres daraus zu machen, etwas, das wir wirklich benötigen. Und zwar jetzt.” Teilnehmerin des Future of Education Events im wavespace Berlin.
Wir freuen uns auf das nächste “Future of Education” Event sofern sich die derzeitige Lage wieder entspannt hat – vielen Dank an alle, die dabei waren und mitgemacht haben!
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