Brauche ich eine Digital Unit und wie setze ich diese auf? Um diese Frage geht es in Folge 6 unserer Serie „Spotlight Digital Transformation“. Prof. Dr. Julian Kawohl, Experte für Digital Management und Corporate Entrepreneurship, und etventure-Gründer und Geschäftsführer Philipp Herrmann erklären, welche Aufgabe eine solche Digital-Einheit erfüllt und wie sie ausgestaltet sein muss.
Wirft man einen Blick in die deutsche Konzernlandschaft, könnte man meinen, dass fast jedes größere Unternehmen mittlerweile einen eigenen Innovation Hub, Lab oder eine Digital Unit betreibt. Egal wie man dieses Konzept nun nennen mag, die Intention dahinter ist dieselbe: Es geht darum, in einem geschützten Raum außerhalb der Kernorganisation digitale Ideen zu entwickeln und neue Denk- und Arbeitsweisen zu erproben. Denn ohne die hemmenden Prozesse und Strukturen, die in jedem Unternehmen zu finden sind, fällt es leichter, Dinge einfach mal auszuprobieren und auch Fehler machen zu dürfen. Der Aufbau einer Digital-Einheit oder Digital Unit kann deshalb ein wesentlicher Schlüssel zu einer erfolgreichen digitalen Transformation sein.
Je stärker das “Bewahrertum”, desto wichtiger die Digital Unit
Besonders sinnvoll ist eine Digital-Einheit, wenn das “Bewahrertum” innerhalb der Kernorganisation stark ausgeprägt ist, heißt: Die Mitarbeiter halten an bestehenden Abläufen, Strukturen und Hierarchien fest und sehen Veränderung und Digitalisierung eher skeptisch. Ein Befund, der auf einen Großteil der deutschen Unternehmen zutrifft. Hierzulande reagieren Mitarbeiter oft verunsichert auf Prozesse zur digitalen Transformation. In 45 Prozent der Unternehmen führt die Digitalisierung zu einer Spaltung der Belegschaft in Befürworter und Verweigerer. Und jedes zweite Unternehmen kämpft bei der digitalen Transformation mit internen Widerständen.
Wie aber sieht so eine Digital-Einheit aus? Und vor allem, wer sind die Menschen, die dort arbeiten?
Zentral ist, dass innerhalb der Digital Unit gemischte, interdisziplinäre Teams zusammenarbeiten. Dafür braucht es einerseits Mitarbeiter aus dem Unternehmen, die gut vernetzt sind innerhalb der Kernorganisation und auf diese Weise die Brücke zurück ins Unternehmen schlagen können. Andererseits braucht es auch neue Kompetenzen und Erfahrungen durch externe Fachkräfte, allen voran Menschen mit Startup- und Digital-Know-how. Diese können durch ihren offenen, unvoreingenommenen Blick auf die Organisation ganz neuen Input geben und verhindern den “Elfenbeinturm-Effekt”.
Das Team der Digital-Einheit kann dann mithilfe agiler Innovations- und Startup-Methoden in kurzer Zeit neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln und testen. Dafür braucht es Freiraum und die Trennung vom Tagesgeschäft der Kernorganisation. Dennoch sollte sich auch die Arbeit in der Digital Unit an klaren KPIs und Zielen orientieren. Denn das mittel- bis langfristige Ziel muss es sein, mit den digitalen Geschäftsideen auch reale Umsätze zu generieren.
Aus der Digital-Einheit zurück in die Gesamtorganisation
Die Erfolge der Digital-Einheit – nachweisbar mit marktfähigen Geschäftsmodellen, Daten und Zahlen – können dann als Hebel für die digitale Transformation des gesamten Unternehmens genutzt werden. Zudem sollten Startup-Methoden und Ansätze für agile Zusammenarbeit durch Schulungen und Workshops der gesamten Belegschaft nahe gebracht werden. Dieser Wissenstransfer ist entscheidend für den Erfolg der digitalen Transformation. Denn nur Mitarbeiter, die die Notwendigkeit und die Zusammenhänge dieses Veränderungsprozesses verstehen und die Vorteile der Digitalisierung für ihre konkrete Arbeit sehen, werden diesen Change auch unterstützen.