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The Unicorn is dead – wie kann die Suche nach disruptiven Ideen gelingen?

Disruption

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Neues Jahr – neue Innovation? Disruptive Ideen brechen etablierte Märkte auf und verändern damit die Spielregeln ganzer Branchen. Viele Unternehmen träumen davon, sich mit radikalen Ideen und Nischenangeboten die eigene Zukunft zu sichern. Trotzdem schaffen es die wenigsten eine neue “iPhone-Idee” zu etablieren. Wie kann es trotzdem gelingen? Im ersten Teil von “The Unicorn is dead” erklärt Tobias Ledermann, Principal bei etventure, worin sich bahnbrechende Ideen unterscheiden, warum sie so schwer zu finden sind und es dennoch nicht aussichtslos ist.


„Volkswagen ist der größte Autobauer der Welt“: Diese Nachricht hatte sich noch im Jahr 2016 als Vormachtstellung des deutschen Großkonzerns auf dem automobilen Weltmarkt manifestiert. Vier Jahre später ist von Vormachtstellung wenig zu spüren. Volkswagens Vorstandsvorsitzender Herbert Diess empfing den Tesla Gründer Elon Musk im vergangenen Herbst geradezu demütig am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Tesla hatte wenige Monate zuvor die Schallmauer zum wertvollsten Automobilhersteller der Welt durchbrochen und damit den Wert von Volkswagen, Daimler und BMW übertroffen. In Summe wohlgemerkt.

Zugegeben, die Disruption in der Automobilbranche ist kein kein neues Thema und ein Börsenwert ist nicht in Stein gemeißelt, doch Teslas Entwicklung vom belächelten „Underdog“ zum Branchenprimus innerhalb von gerade einmal zehn Jahren, hat gezeigt, dass eine drohende Disruption sehr schnell Realität werden kann.

Und das gilt nicht nur für die Automobilindustrie. In nahezu allen Branchen machen sich Neueinsteiger daran, am Status Quo zu rütteln und neue Wachstumsfelder zu besetzen. Üppig finanziert mit Risikokapital entstehen so in kürzester Zeit neue Milliardenunternehmen – die “Unicorns”. Wer nicht ins Hintertreffen geraten möchte, kommt nicht darum herum das Zepter selbst in die Hand zu nehmen und disruptive Themen konsequent voranzutreiben.

Traditionsunternehmen haben – mit etwas Zeitversatz – die Herausforderungen erkannt und versuchen mehr und mehr, selbst bei den Disruptionen mitzumischen, welche sonst von außen in ihr Kerngeschäft einfallen. Doch die Suche nach disruptiven Ideen gleicht häufig der Suche nach dem heiligen Gral. Mit den Erfolgsbeispielen der bekannten Tech-Player im Kopf, setzen sich Traditionsunternehmen oft selbst überzogene Erwartungen, welche in der Regel wenig mit ihrer Arbeitsrealität zu tun haben.

Ein oft zitiertes Vorzeigebeispiel: das iPhone. Wenn Unternehmen gezielt neue disruptive Geschäftsmodelle erschaffen wollen, könnte man die Herausforderung auch wie folgt formulieren: „Finde das ‚iPhone‘ für mein Unternehmen.“ Disruptionen werden oftmals als Heilsbringer verstanden, welche als geniale Ideen geboren werden und im Nu das Potenzial haben die Welt zu erobern und das eigene Unternehmen auf einen goldenen Pfad zu führen. Ich wage eine Hypothese: Es gibt diese disruptiven Ideen in dieser Form nicht – das Einhorn, dass man mit aller Macht finden möchte, ist tot!

Steve Jobs bei der Einführung des iPhones im Jahr 2007 – Sinnbild für Disruption

Warum es keine disruptiven Ideen gibt

Disruption ist ein verlockendes Wort. Ein Begriff der gerade im Zusammenhang mit Digitalisierung als selbstverständliches Leitmotiv herangezogen wird und gerne als ultimative Rechtfertigung für großangelegte Projekte, Innovationseinheiten und die digitale Transformation von Unternehmen dient.

Ich nehme mich hier nicht aus. Eine ganze Weile habe ich selbst von der Notwendigkeit „disruptiver Ideen“ gesprochen ohne eine Ahnung zu haben, was damit überhaupt genau gemeint ist – bis ich mit der konkreten (und ernst gemeinten) Aufgabe konfrontiert wurde, eben solche zu entwickeln.

Ein deutscher Automobilzulieferer, welcher bisher auf ein sehr traditionelles Geschäftsmodell vertraut hatte, wollte dem immer unsicherer werdenden Marktumfeld proaktiv begegnen und hat uns mit der Suche nach dem „heiligen Gral“ beauftragt. Um es kurz zu machen: Wir haben ihn nicht gefunden. Von den über einhundert Ideen, die wir in unserer intensiven Explorationsphase ausfindig gemacht haben, hatte keine einzige das Zeug, in absehbarer Zeit das „iPhone des Marktumfelds“ zu werden.

Wo liegt das Problem? Es beginnt bereits in der Erwartungshaltung. Wenn Unternehmen nach „disruptiven Ideen“ suchen, dann erwarten sie Produkte, Lösungen oder Geschäftsmodelle, welche in kürzester Zeit einen signifikanten Wertbeitrag, im Sinne eines außergewöhnlichen Umsatz- oder Gewinnpotenzials, Verdrängung etablierter Lösungen oder sogar Veränderung ganzer Wertschöpfungsketten, erzielen können und mit dem Kerngeschäfts auf Augenhöhe spielen.

In der Realität scheinen neue Ideen jedoch geradezu stoisch einem simplen Naturgesetz zu folgen: Entweder sind sie relativ zeitnah und realistisch umsetzbar, in ihrer Wirkung jedoch weit entfernt von einem revolutionären Quantensprung (Punkt A) – oder sie haben tatsächlich das Potenzial eines „Game Changers“, können jedoch nicht ohne weiteres kurzfristig umgesetzt werden (Punkt B).

Der Weg zum “Game Changer”

Die eine bahnbrechende Idee, welche sich nach intensiver Analyse, Kreativworkshops, Beratungsprojekten oder Hinzunahme von Branchengurus wie eine Offenbarung auftun soll, gibt es in der Regel schlichtweg nicht. Das ausgewachsene Einhorn, welches nur noch gefunden werden muss, ist ein Mythos, ein Wunschdenken, eine Illusion.

“Es handelt sich nicht um eine Idee, sondern um einen Prozess.”

Ist das eine schlechte Nachricht? Sollten wir die Suche desillusioniert aufgeben? Nein, im Gegenteil. Wir sollten auf diesem Verständnis aufbauend, den Begriff „disruptive Ideen“ neu denken. Konkret gesagt: Es handelt sich nicht um eine Idee, sondern um einen Prozess. Eine Disruption besteht nicht aus einer Idee, sondern aus mehreren Stufen: Sie beginnt in Stufe eins mit direkt umsetzbaren Lösungen, begrenzter Wirkung und führt – über eine oder mehrere Zwischenstufen – langfristig zur finalen Stufe mit disruptivem Potenzial.

Als besonders anschauliches Beispiel dient der Streaming Dienst Netflix. Die Disruption der Unterhaltungsbranche durch Streamingdienste ist ein eindrucksvolles Beispiel, denn erst zehn Jahre später, als die Videoübertragung über das Internet überhaupt in ausreichender Qualität möglich und bezahlbar war, hat sich Netflix als Video-on-Demand Anbieter neu erfunden – und seither die Unterhaltungsbranche weltweit in seinen Grundfesten erschüttert.


Im zweiten Teil des Beitrags erfahren Sie dann, wie die Suche nach disruptiven Ideen dennoch gelingen kann. Neben anschaulichen Praxisbeispielen erklärt Tobias Ledermann, welche Schritte es braucht, um die disruptive Idee Wirklichkeit werden zu lassen. 

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