Immer weniger deutsche Gründer zieht es aktuell in die USA. Wo vor einem Jahr noch etwa 32 Prozent ihr Startup aufbauen wollten, sind es laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage heute mit 15 Prozent nicht einmal die Hälfte. Deutschland hingegen wird als Gründerstandort immer attraktiver.
„Trump-Effekt“ verscheucht potentielle Gründer
Die Zeiten ändern sich. Laut der Umfrage von Bitkom würden sich 68 Prozent der Gründer hierzulande wieder für Deutschland als Standort entscheiden. Im vorherigen Jahr waren es gerade einmal 44 Prozent. Hauptgrund sei laut Bitkom-Geschäftsleiter Niklas Veltkamp die Wahl des US-Präsidenten Donald Trump vor einem Jahr. Veltkamp nennt es den „Trump-Effekt“, der das sonst so gelobte Startup-Land nicht mehr zum Wunsch-Standort Nummer Eins bei deutschen Gründern macht.
Die USA sind „out“ – Neuer Trend: Gründen in Deutschland?
Sind die USA out und Deutschland in? Ganz so einfach ist es nicht. Was sich innerhalb der beiden Nationen abspielt, ist nicht nur irgendein kurzzeitiger Trend. Es tut sich etwas hierzulande. Die USA sind zwar nicht aus dem Rennen, wenn es um die Besetzung der Top-Rangliste an Gründernationen geht. Deutschland holt jedoch auf: “Nach einigen Jahren, in denen auf politischer Ebene vor allem viele Stellungnahmen und Agenden formuliert wurden, sehen wir, dass inzwischen auch gehandelt wird – zur Zufriedenheit der Gründer in Deutschland,“ so Veltkamp.
Der Aufschwung in Sachen Unternehmertum liegt auch daran, dass andere Länder für deutsche Gründer wenig attraktiv sind. Laut Bitkom-Umfrage betrachten gerade einmal zwei Prozent der Gründer hierzulande Großbritannien und Israel als Alternative. Aber: „Auch wenn Deutschland für die große Mehrheit der Gründer ein attraktiver Standort ist, hat die Politik gerade bei den Themen Finanzierung, Regulierung und Fachkräfte die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.“, sagt Veltkamp. „Die USA haben für Start-ups massiv an Anziehungskraft verloren, gleichwohl sind dort die Bedingungen was Finanzierungsmöglichkeiten, Netzwerke und den Absatzmarkt angeht weiterhin sehr gut“.
Fehlendes Kapital und Bürokratie machen Gründern das Leben schwer
Die Tendenz ist zwar sehr positiv, doch es ist noch deutlich Luft nach oben. Zu diesem Schluss kommt auch eine Studie der Deutschen Börse und EY. Die Studienautoren beklagen, dass sowohl Gründergeist als auch Rahmenbedingungen für Startups hierzulande noch ausbaufähig seien und Deutschland international gesehen hinterherhinke. Fehlendes Kapital sei ebenfalls ein Hemmnis bei der Gründung in Deutschland. „Unternehmen, Politik und Universitäten müssen Hand in Hand agieren, wenn wir Deutschland für Startups attraktiver machen wollen“, so Eric Leupold, Leiter Pre-IPO und Capital Markets bei der Deutschen Börse. Gerade die schlechten Finanzierungsbedingungen und die hohen bürokratischen Hürden werden auch in der Bitkom-Befragung als wesentliche Hemmnisse genannt.
Warum also auf Deutschland setzen?
Deutschland übertrifft trotz der genannten Hürden zurzeit seine bisherigen Rekorde. Vor allem Berlin ist weiterhin die absolute Gründungshauptstadt in Deutschland. Die Startup-Szene wächst dort enorm. „Im ersten Halbjahr schufen die ganz jungen Firmen, die kürzer als sieben Jahre existieren, noch einmal 70 Prozent mehr Stellen als zuvor“, schreibt auch die Berliner Morgenpost. Ein Grund für den positiven Trend sei die enge Vernetzung von Wissenschaft, Bestandsunternehmen und erfinderischen Startups, so die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop. Diese soll in Zukunft weiter ausgebaut werden, um noch mehr Gründer nach Deutschland zu locken. Laut der Untersuchung der Deutschen Börse könne das Land außerdem mit verfügbaren Fachkräften und niedrigen Büromieten punkten.
Unabhängig vom derzeitigen Gründungs-Knick in den Vereinigten Staaten ist vielmehr die Tatsache entscheidend, dass Deutschland gerade großes Aufholpotenzial beweist. Ziel müsse es laut Bitkom-Geschäftsführer Veltkamp sein, Deutschland auch international zu einem Magneten für Gründer zu machen.