Mobilität der Zukunft – wo geht die Reise hin?
23. April 2019
Wie werden und wollen wir uns in Zukunft fortbewegen? Mobilität: Kaum ein anderes Trendthema wird zurzeit so stark in den Medien diskutiert und nirgends fließen so viele Entwicklungen zusammen: Individualisierung, Urbanisierung, Globalisierung, Digitalisierung, Automatisierung, Sharing, Neo-Ökologie. Die Kundenansprüche habe sich verändert, technische Innovationen haben neues ermöglicht. Fortan wird Mobilität immer vernetzter, digitaler, postfossiler und geteilter. Das Zukunftsinstitut hat sich in seiner neuen Trendstudie Future Products genau mit diesem Thema befasst. Ein Beitrag von Christian Rauch.
Mobilität – immer mehr Menschen leben mobiler. Dabei muss das “Unterwegssein” allerdings einigen Ansprüchen gerecht werden: nachhaltiger soll es sein und effizienter, bequemer, stressfreier und schlichtweg reibungsloser. Der Mobilitätssektor wird zu einem der größten Wachstumsmärkte – gleichzeitig ist es für Deutschland immer noch eines der stärkstens Zugpferde in der Wirtschaft. Private Haushalte in Europa investieren jährlich mehr als eine Billion Euro in Leistungen, die das “Unterwegssein” ermöglichen. In Deutschland sind es pro Kopf rund 2.800 Euro im Jahr, Tendenz weiter steigend (vgl. European Commission 2018). Dennoch: Der Markt verändert sich und erlebt gerade die stärksten Einschnitte seit langem. Mobilitätsmuster werden vielschichtiger und komplexer. Das allzu geliebte Auto verliert aufgrund überfüllter Straßen, einem verschärften Umweltbewusstsein und anderer Rahmenbedingungen sein Treppchen auf dem Thron der Fortbewegung: Klimawandel, Umweltschutz, Digitalisierung, Globalisierung, veränderte Lebensstile, Konsumgewohnheiten und Arbeitsmuster – die Evolution der Mobilität ist nicht mehr weit.
Postfossile Mobilität
Mobilität verändert sich und wird durch Umwelt- und Ressourcengesichtspunkte immer stärker beeinflusst. Damit beginnt ein postfossiles Mobilitäts-Zeitalter – mehr und mehr neue und auch alte Player arbeiten an Mobilitätslösungen mit erneuerbaren Energien. Die Politik verschärft bereits ihre Auflagen, der Systemwechsel in der Automobilindustrie scheint unausweichlich. Dekarbonisierung ist das neue Schlagwort und wird zu einem neuen Wirtschaftsprinzip. Vielleicht sogar zum wichtigsten Treiber des mobilen Wandels. Laut einer Studie des Verbands der Automobilindustrie (VDA) und der Strategieberatung von Oliver Wyman, werden im Jahr 2030 Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge über die Hälfte der weltweiten Pkw-Produktion ausmachen (vgl. Oliver Wyman/ VDA 2018). Es ist also jetzt Zeit zum Umdenken und spielt auch der Digitalisierung gut in die Karten. Denn vernetzte, multimodale Mobilität ist bereits keine Zukunftsfantasie mehr, sondern wegweisend.
Die Auflösung des Modal Splits
Schon lange gibt es nicht mehr die “Mein-Fahrzeug” Mentalität in Deutschland. Die Menschen treffen ihre Mobilitätsentscheidung immer flexibler – je nach Situation ist es dann mal der Pkw, die Bahn, der Bus oder das Fahrrad. Dieser Wandel braucht dann aber auch integrierte Konzepte, so dass Mobilität nicht mehr in unterschiedlichen Verkehrsmitteln organisiert wird, sondern entlang verschiedener Mobilitätsketten. Die Möglichkeiten der Fortbewegungsmittel stehen schon lange nicht mehr in Konkurrenz zueinander, sondern vielmehr geht es darum, diese intelligent und smart miteinander zu vernetzten. Die Schnittstellen zwischen den einzelnen Verkehrsmöglichkeiten müssen zukünftig klug bedient werden: Verabschieden Sie sich von der Vorstellung des Modal Splits. Ein immer wichtiger Trend dabei sind auch Microcarrier, denn beispielsweise Elektro-Roller werden eine zunehmend wichtige Rolle einnehmen.
Digitalisierung der Mobilität
Mobilität soll heute mehr können als nur von A nach B zu bewegen. Sie soll hochgradig flexibel sein, effizient, super integriert und ohne Unterbrechungen. Digitalisierung lässt dieses Wunschdenken schon heute teilweise Realität werden. Durch einen Datenaustausch zwischen einzlenen Verkehrsteilnehmern, Fahrzeugen und der umliegenden Infrastruktur wird Seamless Mobility möglich. Das Resultat? Ein System das durch Selbststeuerung die Echtzeit-Verkehrsplanung ermöglicht, die On-Demand-Verfügbarkeit und nahtlose Übergänge im Verkehrsmittel-Tausch. Das Internet der Dinge ist hier die Zauberformel: Mobiles Internet, vernetzte Fahrzeuge, Online-Plattformen, smarte Anwendungen auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) – all das bildet den Rahmen eines innovativen Mobilitätsdesigns und neuer Verkehrsarchitekturen. Selbstfahrende Autos sind schon lange keine Traumvorstellung mehr und auch die Deutschen Hersteller rüsten ihre Systeme nun Schritt für Schritt mit digital vernetzten Systemen aus, um die Vorteile der Künstlichen Intelligenz auch für die Mobilität zu nutzen.
Individuelle Mobilität funktioniert künftig nach dem Access-Prinzip. Menschen kaufen sich den Zugang zu Mobilitätsprodukten.
Access: Zugang statt Besitz
Dank der digitalen Vernetzung und können Menschen als individuelle Mobilität zukünftig nach dem Access-Prinzip nutzen. Es geht vermehrt um den Zugang von Mobilitäts-Produkten und nicht um den Besitz. Und das ist ebenso der Trend der Fortbewegung im 21. Jahrhundert. Dies bietet eine Grundlage für neue Geschäftsmodelle, die auf die gewünschte Flexibilität und Verfügbarkeit eingehen. Verschiedene Optionen in einem netzwerkartigen, daten- und informationsgesteuerten System zu integrieren, ist der Schlüssel für smartes Mobilitätsdesign. Die Fülle an Carsharing-Anbietern – Plattformbetreiber wie Uber und die Google-Tochter Waymo, die autonom fahrende Taxis auf die Straße bringt – sind prominente Beispiele für zukunftsweisende Mobilitätsangebote nach dem Access-Prinzip. Selbstfahrende Autos lassen sich beispielsweise künftig als autonome Shuttles per Smartphone-App zum eigenen Standort rufen.
Mobilität darf künftig keine wertvolle Zeit verschlingen, sie muss Ressourcen, aber auch den Geldbeutel schonen.
Sharing: Geteilte Mobilität
Das Prinzip Sharing ist längst nicht mehr nur die Kulturtechnik unserer vernetzten Gesellschaft, sondern ein gängiges Verfahren in der Mobilität. Damit werden aber auch ganz neue Spielräume geschaffen: Man teilt, um mehr zu haben und gibt damit entweder die Belastung des Besitzens ab, oder erhält etwas das man sich anderweitig nicht leisten könnte. Und somit boomt das Carsharing Geschäft. Menschen müssen auf ein Auto nicht verzichten, es aber auch nicht besitzen und senken somit ihre Mobilitätskosten. Viele Unternehmen arbeiten bereits rasant an der Weiterentwicklung dieses Trends: Corporate Carsharing, Ride Sharing, Bike Sharing, Energy Sharing für Elektrofahrzeuge usw.
Mobilitätsdienstleister als Companions im Multi-Mobilen Alltag
Die Mobilitätsgesellschaft fordert Einfachheit aber auch eine ungehinderte Ankommensgarantie. Das verlangt allerdings von den Unternehmen, dass sie durch ein individuelles Mobilitätsmanagement ein neues System integrieren. Gebraucht wird ein ganzheitliches Mobilitätsangebot, dass je nach Situation, Ort und Zeit zu den Bedürfnissen und Anforderungen der Kunden passt. Somit werden die Unternehmen zum Companion und unsichtbaren Begleiter im Alltag. Das schafft enorme Potenziale für die Verlängerung der Wertschöpfungskette. Gleichzeitig bedarf es allerdings einer Bereitschaft, über die Grenzen des bisherigen Kerngeschäfts hinauszuwachsen und sich für strategische Partnerschaften zu öffnen. Zukünftig werden so ganz neue Business-Ökosysteme entstehen, die extrem kunden- und bedarfsorientiert zukunftsweisende Mobilitätslösungen etablieren. Mobilität darf künftig keine wertvolle Zeit verschlingen, sie muss Ressourcen, aber auch den Geldbeutel schonen.Das werden die großen Herausforderungen der kommenden Jahre sein, auf die sich Innovationsanstrengungen richten müssen.
Wir berichten auf dem #GameChanger-Blog regelmäßig über Digitalisierung, neue digitale Geschäftsmodelle, Trends und Innovationen. Mit dem Zukunftsinstitut (https://www.zukunftsinstitut.de/) haben wir einen spannenden Partner gewonnen, die als Gastautoren hier nun unter dem Titel „Lust auf Zukunft?“ regelmäßig über die Megatrends und ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft berichten und damit die Perspektive auf unsere Zukunft noch einmal zusätzlich erweitern.
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