„Schlechte Noten? Kein Problem!“ – gute Zeugnisse zählen schon längst nicht mehr zu den Top-Auswahlkriterien eines Unternehmens im 21. Jahrhundert. Branchenabhängig kommt es vielmehr auf andere Qualifikationen an, beispielsweise weiche Faktoren wie Sozialkompetenz, aber auch IT-Kenntnisse, die sich nicht im Zeugnis widerspiegeln. Wie Unternehmen stattdessen die geeigneten Talente herausfiltern können, erklärt Mathias Weigert, Geschäftsführer der Unternehmer-Schmiede, in einem aktuellen Artikel der FAZ. Wie erfolgreich ein solcher Recruiting-Prozess sein kann, wird am Beispiel kloeckner.i veranschaulicht, der Digitaleinheit von Stahlhändler Klöckner, welche gemeinsam mit etventure aufgebaut wurde.
„Manchmal sagen Zeugnisse nicht das aus, was gerade gebraucht wird“
Mit dieser Aussage trifft es Donate Kluxen-Pyta, die stellvertretende Leiterin der Bildungs-Abteilung der BDA, auf den Punkt. Schulnoten und formelle Eingangsvoraussetzungen sagen nichts darüber aus, wie gut man sich konzentrieren kann, wie selbstständig oder zuverlässig man ist, doch genau diese und andere Kompetenzen – „Dinge, die in der Schule nicht gelehrt werden können“ – sind grundlegende Voraussetzungen einer erfolgreichen Karriere. Mehr und mehr Unternehmen verlassen sich aufgrund mangelnder Aussagekraft nicht mehr auf Zeugnisse. Zu Recht! Denn wie eine Studie des Münchener ifo-Instituts belegt, fehlt es den Studierenden zunehmend an „Selbstständigkeit, Problemlösungskompetenz, Abstraktionsvermögen, die Fähigkeit zur Selbstreflexion, Grundlagenverständnis und Allgemeinbildung“.
Ohne abgeschlossenes Studium zum Spitzenprogrammierer
Besonders die IT-Branche kehrt der Notenhörigkeit den Rücken, denn vor allem in diesem Bereich werden Fachkräfte händeringend gesucht und Talente lassen sich kaum an deren Zeugnissen ablesen. Zudem lernen die „sowieso in einem Tempo, das die Schulen oder Hochschulen überhaupt nicht mitmachen können“, so Mathias Weigert. Er führt das Joint Venture „Unternehmer-Schmiede“ von Personal- und Managementberatung Kienbaum und etventure. Für ihn liegt die Lösung beim Recruiting in einem Online-Test ganz ohne formelle Anerkennungsverfahren von akademischen Leistungen, da diese nur selten das konkrete IT-Know-how und Programmierkenntnisse transparent machen. „So können Fähigkeiten viel leichter getestet werden“, sagt Weigert. Auch Rami Rihawi ist so in kürzester Zeit Programmierer bei der Digitaleinheit kloeckner.i geworden. Als Flüchtling in Deutschland mit einem unvollendeten Informatikstudium wurde er an der Redi School in Berlin aufgenommen, die Programmier-Kurse für Flüchtlinge anbietet. Dort wurde er von kloeckner.i entdeckt und schaffte es nach einem Praktikum zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.
Es ist ein „komplett anderes Ökosystem“ ohne formale Qualifikationen, das im Zuge der Digitalisierung in der IT-Welt entsteht, und zunehmend auch in anderen Unternehmensbereichen Schule macht. So kommt es zu der Entdeckung von Talenten, die im 08/15-Auswahlverfahren aufgrund ihrer Noten nie eine Chance gehabt hätten.
Durch den digitalen Wandel wird es zudem immer notwendiger, dass Digital-Know-how und Fähigkeiten wie unternehmerisches und agiles Denken, Problemlösungskompetenz oder der Umgang mit Startup-Methodiken gefördert und entwickelt werden. Dem hat sich die Unternehmer-Schmiede angenommen und ist auch selbst in ihrer stetigen Weiterentwicklung nicht zu stoppen, wie zum Beispiel mit ihrer neuen Unternehmenswebsite.