Der Finanzierungsboom hält an: Deutsche Startups konnten im Jahr 2019 so viel frisches Kapital einsammeln wie nie zuvor. Berlin dominiert nach wie vor die Startup-Szene. Bayern mit dem Zentrum München etabliert sich als zweiter, international anerkannter deutscher Startup-Standort.
- 6,2 Milliarden Euro an Investitionen konnten Startup-Gründer 2019 in Deutschland einsammeln (2018 waren es erst 4,6 Milliarden).
- Berlin war auch 2019 wieder der Hotspot der deutschen Startup-Szene: Start-ups aus der Hauptstadt erhielten bei 262 Finanzierungsrunden insgesamt 3,7 Milliarden Euro. Auf Platz zwei landet Bayern mit 1,55 Milliarden Euro.
- Insgesamt gab es 704 Finanzierungsrunden, auch das ist ein neuer Rekord.
- Die größte Finanzierung des vergangenen Jahres strich das Münchner Start-up Flixmobility ein, das hinter den grünen Fernbussen von Flixbus steht. Es erhielt 500 Millionen Euro von Investoren. Knapp dahinter folgt mit 428 Millionen Euro die Finanzierung des Berliner Reise-Startups Get Your Guide, das Ausflüge vermittelt und in Branchenkreisen immer wieder als baldiger Börsenkandidat gehandelt wird. Auf dem dritten Platz folgt mit 361 Millionen Euro die Berliner Gebrauchtwagenplattform Frontier Car Group.
Das sind einige Kernergebnisse des Startup-Barometers, herausgegeben von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young), zu der auch etventure als eigenständiges Tochterunternehmen gehört.
Vor allem internationale Investoren steckten viel Geld in hiesige Startups
„Der Finanzierungsboom hält unvermindert an», so Hubert Barth, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung in Deutschland. «Es ist sehr viel Liquidität im Markt – mit weiter stark steigender Tendenz.“ 2019 gab es laut Startup-Barometer 13 Deals mit über 100 Millionen Euro. Allerdings sind es vor allem internationale Investoren, die viel Geld in hiesige Startups stecken. Die Schattenseite: Deutsche Kapitalgeber spielten bei den großen Deals kaum eine Rolle. Wollen Gründer expandieren, sind sie gefährlich stark von ausländischen Geldquellen abhängig.
Philipp Depiereux, etventure-Gründer: „Das EY Startup-Barometer zeigt, dass sich viel in der Startup-Szene getan hat. Ich stelle immer wieder fest, die Investorenszene für die Frühphase hat sich in Deutschland gut entwickelt. Die ersten ein, zwei Millionen sind für Gründer kein Problem. Was mir aber in vielen Gesprächen und nicht zuletzt in diversen ChangeRider-Interviews, etwa mit dem HighTech Gründerfonds-Geschäftsführer Alex von Frankenberg oder mit Scout24-Gründer Joachim Schoss bestätigt wird: Schwierig wird es ab 10 Millionen Euro aufwärts, wenn es für ein Startup darum geht, die Welt zu erobern. Aber auch dafür ist das EY Startup-Barometer wichtig: Es erzeugt Druck. Es zeigt, dass wir noch viel Entwicklungsarbeit vor uns haben, wenn wir mittelfristig nicht nur ein erfolgreiches Gründerland sein wollen, welches seine aussichtsreichsten Geschäftsmodelle dann aber an Investoren im Ausland verkauft.“
FinTech und Mobility laufen E-Commerce den Rang ab
Nicht überraschend, aber dennoch ein erwähnenswertes Ergebnis: Die Dominanz von E-Commerce-Geschäftsmodellen wurde im Jahr 2019 endgültig gebrochen. Das meiste Geld floss mit 1,6 Milliarden Euro an junge Mobilitätsanbieter – vor allem aufgrund der beiden Mega-Finanzierungsrunden für FlixMobility und GetYourGuide. Im Branchenranking belegen FinTechs und Software-Unternehmen mit 1,3 bzw 1,2 Milliarden Euro die Plätze zwei und drei. E-Commerce folgt mit 730 Millionen Euro erst auf dem vierten Rang – im Vergleich zum Vorjahr ging die Finanzierungssumme um 56 Prozent zurück.
Unterm Strich hat sich die Start-up Szene damit im vergangenen Jahr weiter ausdifferenziert. EY-Partner Peter Lennartz: „Wir sehen ein steigendes Interesse gerade an hochinnovativen Technologie-Geschäftsmodellen. SaaS (Software as a Service), Analytics und KI sind groß im Kommen und profitieren aktuell von hohen Bewertungen. E-Commerce tritt zwar etwas in den Hintergrund, bleibt aber ein wichtiges und starkes Segment. Im Bereich FinTech wird sich im Jahr 2020 vermutlich eine Konsolidierung ergeben aufgrund des Überangebotes an Anbietern.“