In unserer Rubrik „Von Digitalisierung und digitaler Transformation“ werfen wir erneut einen Blick auf die wichtigsten Neuigkeiten und Ereignisse der letzten Wochen. Heute im Fokus: Die Hannover Messe und die Kooperation von USA und Deutschland im Zuge der Digitalisierung, festgesetzte Mythen in den Köpfen vieler Unternehmensentscheider, bargeldloses Bezahlen und wie mit der Digitalisierung die Heimarbeit zurückkehrt.
Hannover Messe: Schulterschluss im Digitalzeitalter (Handelsblatt)
Die USA und Deutschland wollen für die Digitalisierung an einem Strang ziehen. Das wurde vergangene Woche bei der Hannover Messe, der weltweit wichtigsten Industriemesse, deutlich. Als Repräsentant des diesjährigen Partnerlandes USA stattete sogar US-Präsident Barack Obama der Messe einen Besuch ab. Bereits vor dem offiziellen Beginn der Hannover Messe beim BDI-Wirtschaftsforum warb BDI-Chef Ulrich Grillo für eine stärkere Zusammenarbeit: „Wir brauchen die Erfahrungen beider Seiten des Atlantiks.“ Dabei bestand bislang eine ausgeprägte Konkurrenz zwischen den beiden Nationen um die führende Position im Bereich Industrie 4.0. Doch, so Grillo, “die gegen uns – da ist viel zu viel schwarz-weiß”.
Schon in den vergangenen Monaten zeigte sich eine Annäherung zwischen den beiden Ländern: Unter anderem haben die beiden Industriekonsortien Industrie 4.0 und das US-amerikanische Pendant IIC eine umfangreiche Kooperation vereinbart. Auch Google arbeitet bereits mit deutschen IT-Wissenschaftlern zusammen. Ziel ist dabei unter anderem eine Steigerung von Produktivität und Produktqualität sowie die Identifikation neuer Geschäftsfelder durch die digitale Vernetzung.
Auch Siemens-Chef Joe Kaeser ist von der Zusammenarbeit überzeugt: „Die beiden führenden Länder können zeigen, dass Digitalisierung wirklich gelebt werden kann.“ Und dennoch müssten auch kritische Punkte angesprochen werden. Die Digitalisierung schaffe enorme Chancen und Wettbewerbsvorteile, allerdings nur für diejenigen, die digitale Technologien auch anwenden könnten, so Kaeser. Deshalb müsse die Gesellschaft in diesen Prozess miteinbezogen und eine umfassende Weiterbildung der Arbeitnehmer gewährleistet werden.
Digitalisierungsangst: Fünf Ausreden setzen Deutschlands Zukunft aufs Spiel (Focus Online)
Die Potenziale und Chancen der Digitalisierung sind groß. Sei es bei der Entwicklung von IT-Innovationen, der Verwendung von Cloud-Computing und sozialen Netzwerken zur Zusammenarbeit und Kommunikation mit Mitarbeitern, Kunden und Partnern bis hin zur Industrie 4.0. Doch Deutschland steht sich bei der digitalen Entwicklung häufig noch selbst im Weg. “Es ist weniger das Fehlen der digitalen Kompetenz, das eine umfassende Digitalisierung in deutschen Unternehmen verhindert. Vielmehr liegt es häufig am fehlenden Mut und an Missverständnissen, dass die Transformation nur langsam vorangeht”, konstatiert FOCUS Online und schlüsselt die fünf gängigsten Mythen von deutschen Unternehmensentscheidern in Bezug auf die digitale Transformation auf.
- Die Digitale Transformation ist ein Hype, der bald wieder verschwindet
“Die Digitalisierung – auch der deutschen Wirtschaft – ist unausweichlich. Es stellt sich heute nicht mehr die Frage ob, sondern wann und in welcher Form die Digitale Transformation Einzug in ein Unternehmen hält.” - Meine Produkte können gar nicht digitalisiert werden.
“Es gibt keine Branche, kein Produkt, welches nicht mit ergänzenden digitalen Leistungen veredelt werden kann oder wodurch in vielen Fällen neue Produkte entstehen können.” - Meine IT-Organisation muss größer werden, um die Digitale Transformation voranzutreiben
“Die IT-Abteilungen müssen […] nicht vergrößert, sondern angepasst werden. Dafür ist eine starke Veränderung von der Infrastruktur bis hin zur Aus- und Weiterbildung des Personals nötig.”
- Die Digitale Transformation ist ausschließlich ein IT-Thema
“Die Digitale Transformation wirkt sich auf alle Bereiche eines Unternehmens aus, von der Personalabteilung bis hin zur Logistik.”
- Cloud-Services und IT-as-a-Service? Das funktioniert in Deutschland doch eh nicht.
“Dagegen spricht der Fakt, dass zahlreiche deutsche Unternehmen bereits Kunden von sogenannten Hyperscale-Cloud-Anbietern sind, die firmeninterne Rechenzentren skalierbar und flexibel machen.”
Klar ist: Die Digitalisierung wird sowohl die Geschäftswelt als auch den Alltag jedes Einzelnen stark verändern. “Deutschland hat die Kompetenz und das Bedürfnis, die Digitale Transformation maßgeblich voranzutreiben – es bedarf lediglich einer kleinen Portion Mut.”
Leben in Stockholm: Wie ich seit drei Monaten ohne Bargeld lebe (Gründerszene)
Bargeld, Kreditkarte, EC-Karte, NFC, Peer-to-Peer-Payment per Smartphone. Es gibt mittlerweile verschiedenste Bezahlmöglichkeiten. Doch während in Ländern wie beispielsweise Schweden digitales Bezahlen längst zum Standard gehört, tut man sich in Deutschland nach wie vor schwer ohne Bargeld. Gründerszene-Redakteur Simon Schmincke hat den Alltagstest gemacht. “Ich bin jetzt seit drei Monaten in Stockholm. Und ich habe seit drei Monaten kein Bargeld in der Hand gehabt. Es war einfach nicht notwendig. Der Getränkeautomat in der U-Bahn, der Parkscheinautomat, der Händler am Markt, der mir samstags immer frische Kräuter verkauft – überall kann ich mit Karte bezahlen. Das ist nicht die Ausnahme, sondern der Standard. Die Straßenbahntickets kaufe ich per SMS oder habe eine NFC-Karte im Geldbeutel”, schreibt er. “In Deutschland fühle ich mich oft so, als müsste ich mich entschuldigen, wenn ich an der Supermarktkasse mit Karte bezahle.”
Auch das sogenannte Peer-to-Peer-Payment, das einfache Versenden von Geldbeträgen per App, ist in Schweden schon lange Usus, in Deutschland dagegen bislang kaum genutzt. Zwar geht es auch hierzulande langsam voran mit dem bargeldlosen Zahlen. Den Vorreitern aus den USA, Großbritannien und Skandinavien hinken wir in Deutschland dennoch deutlich hinterher. Denn diese Länder haben bereits früh erkannt, dass die Digitalisierung beim Zahlungsverkehr nicht nur eine Alternative zum Bargeld darstellt, sondern eine höhere Flexibilität und Effektivität bietet. Damit neue Bezahlmethoden auch hierzulande Einzug halten, reicht es letztlich nicht, dass die Verbraucher dafür offen sind. Auch die deutschen Händler müssen sich bewegen und die entsprechende Technik bereitstellen.
Crowdworking: Mit der Digitalisierung kehrt die Heimarbeit zurück (FAZ)
Die Digitalisierung verändert Jobprofile und Arbeitsweisen – und bringt so etwas wie die alte Heimarbeit wieder zurück, in Form von Crowdworking. Crowdworking ermöglicht es, über verschiedene Plattformen einfache Tätigkeiten am heimischen Computer zu erledigen. Das Tätigkeitsfeld erstreckt sich vom “Schreiben einfacher Texte nach bestimmten Vorgaben über Internet-Recherchen und die Katalogisierung von Produkten bis hin zu Online-Umfragen, die man von zu Hause aus erledigen kann.”
Bereits 2 Prozent der Menschen in Deutschland leben vom Crowdworking. In den USA ist diese Form der Arbeit schon deutlich weiter verbreitet. Mindeststandards dürfen jedoch auch auf diesem Markt nicht fehlen. Um dies gewährleisten zu können, bemüht sich die IG Metall über die Plattform faircrowdwork.org Transparenz zu schaffen. „Es darf hier nicht zu einem Unterbietungswettbewerb kommen“, sagt Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall. Die Fragmentierung der Arbeit, weg vom Standardmodell des Vollzeit-Berufstätigen hin zu neuen, flexiblen Arbeitsformen dürfe jedoch nicht generell kritisch gesehen werden. Denn neben den Risiken, die die Digitalisierung für Arbeitnehmer mit sich bringt, ergeben sich auch viele Chancen. „Wir müssen sie nur nutzen und aktiv gestalten“, so Benner.