Essen, 21. September 2020 – Ob im Nachbergbau oder in der Land-, Energie- und Immobilienwirtschaft: Auch in traditionsreichen Branchen löst die intelligente Nutzung von Daten unterschiedlichste Probleme. Das zeigte die dritte Runde des Data Hub Ruhr, die allen teilnehmenden Unternehmen neue Erkenntnisse und realen Geschäftsnutzen lieferte – und das innerhalb von drei Monaten und mithilfe innovativer Data-Startups. Der Data Hub ist ein Projekt der Gründerallianz Ruhr, die der Initiativkreis Ruhr gemeinsam mit den Partnern RAG-Stiftung, RAG und Evonik ins Leben gerufen hat.
Beim Demo Day des Data Hub Ruhr am Donnerstag, 17. September 2020, präsentierten acht Startup-Teams ihre Lösungen für datenbasierte Herausforderungen ihrer Partnerunternehmen, die sie in den vergangenen drei Monaten – ausgeschrieben und begleitet von der Gründerallianz Ruhr – bearbeitet haben. Die Bandbreite der Anwendungsfälle reichte dabei von Themen des Nachbergbaus, datenbasierter Landwirtschaft über Fehlererkennung und -behebung bei der Gas- und Energieplanung bis hin zu Immobiliensanierung und Rechnungsprüfung.
Insgesamt hatten sich 255 Startups aus 39 Ländern für die aktuelle Data-Hub-Runde beworben. Aus den insgesamt acht ausgewählten Projektteams kürte eine Jury zwei Startups, deren Lösungen besonders vielversprechend sind: Den ersten Platz mit 10.000 Euro Preisgeld gewann ambeRoad aus Aachen. Ihre als Add-On konzipierte intelligente Suchmaschine macht nicht nur den unternehmensinternen riesigen Wissensschatz der RAG aus über 200 Jahren Bergbaugeschichte auch für zukünftige Generationen such- und nutzbar, sondern verbindet diesen auch mit sonstigem digital verfügbarem Wissen.
Zweitplatzierter mit 5.000 Euro Prämie wurde das Berliner Team roometric, das für Vonovia eine App entwickelt hat, mit der Badezimmer komplett digital vermessen werden können. Messdaten können so deutlich schneller erfasst und Übertragungsfehler ausgeschlossen werden. Bei rund 15.000 Leerwohnungen, die Vonovia pro Jahr modernisiert, eine enorme Prozessvereinfachung.
Wie Daten das Ruhrgebiet für die Zukunft sichern
Insbesondere für Unternehmen, deren Ursprung im analogen Bereich liegt, sind Daten von enormem Wert für zukünftige Aufgabenstellungen. Bereits zum zweiten Mal nahm die RAG am Data Hub Ruhr teil. Und auch ein weiterer Anwendungsfall der RAG zeigt: Nach mehr als 200 Jahren Steinkohleabbau ist die Zukunft der RAG digital.
Es gilt, die Folgen des Bergbaus auch in Zukunft zu bewältigen – die sogenannten Ewigkeitsaufgaben. Eine Herausforderung: Pro Jahr müssen viele Millionen Kubikmeter Wasser aus den ehemaligen Bergwerken gepumpt werden, um den Grubenwasserstand stabil zu halten und das Trinkwasser zu schützen. Um diese Aufgabe möglichst effizient erfüllen zu können, hat die RAG gemeinsam mit dem niederländischen Startup Landscape B.V. im Zuge der Data-Hub-Ausschreibung untersucht, welche Faktoren Einfluss auf den Wasserstand unter Tage haben.
Bodenbeschaffenheit, Vegetation, Wassereinzugsgebiet oder Temperatur beeinflussen die Menge des Grubenwassers. Dank einer auf Künstlicher Intelligenz (KI) gestützten Datenanalyse konnten Landscape und die RAG die Prognosegenauigkeit von einem
reaktiven Abpumpen bei Anstieg des Wasserspiegels auf eine bis zu 80 Prozent genaue Vorhersage für bis zu zwei Monate im Voraus steigern.
Die RAG kann somit betriebliche Abläufe der Wasserhaltung besser planen um die Ewigkeitsaufgaben so effizient wie möglich zu gestalten. „Die Kooperation mit Landscape hat alle unsere Erwartungen übertroffen. Die Ergebnisse des Anwendungsfalls sind sehr vielversprechend und haben uns den Einstieg in das Thema Künstliche Intelligenz ermöglicht. Für unsere Arbeit ist das eine enorme Vereinfachung, von der wir auch in Zukunft profitieren werden“, sagte Isabelle Balzer von der RAG Wasserhaltung
Dass das Ruhrgebiet einzigartige Chancen für Data Scientists bietet, stellt auch das Berliner Startup resonanz fest. Gemeinsam mit NetConnect Germany optimiert das junge Unternehmen die Bedarfsplanung für die Gasversorgung in Deutschland: „Gerade bei hochspezialisierten Industrieunternehmen kann Data Science Prozesse stark verbessern. Aber die speziellen Fragestellungen und Bedürfnisse dieser Unternehmen herauszufinden ist schwierig. Konkrete Challenges wie beim Data Hub Ruhr helfen daher enorm, um Zugang zu Unternehmen zu bekommen, die man sonst nicht als potenziellen Kunden auf dem Schirm gehabt hätte – für die man aber eigentlich die perfekt passende Expertise mitbringt“, sagt Alexander Reinhold, Gründer von resonanz.
Auch Dirk Opalka, Geschäftsführer der Initiativkreis Ruhr GmbH, sieht den Data Hub Ruhr als einen Treiber der Digitalisierung in Unternehmen: „Startups mit ihrer hochspezialisierten Expertise sind ideale Partner für Innovationsprozesse in etablierten Unternehmen. Der Data Hub der Gründerallianz Ruhr zeigt, welche enormen Chancen diese industriell geprägte Region technologiegetriebenen Gründern bietet.“
“Digitize or die“
„Alle teilnehmenden Unternehmen sind mutige Treiber der Digitalisierung“, sagte Philipp Depiereux, Gründer und CEO der Digitalberatung und Startup-Schmiede etventure, in seinem Vortrag „Digitize or die“. „Genau dieses Mindset brauchen wir, wenn das Ruhrgebiet als B2B-Standort wirtschaftlich an der Spitze bleiben will. Eine analoge Kernorganisation lässt sich nicht von heute auf morgen um 180 Grad drehen. Transformation braucht Zeit und vor allem das Vertrauen der Mitarbeiter. Wie man das gewinnt: mit einzelnen Innovationsprojekten im geschützten Raum, also einer Digitaleinheit oder wie hier im Data Hub starten und mit den erfolgreich validierten Resultaten peu à peu die ganze Mannschaft überzeugen. Genauso, wie es auch beim Data Hub gemacht wird.“
Über das DataHub-Ruhr-Programm:
Der Data Hub Ruhr ist ein Programm der Gründerallianz Ruhr. Die Initiativkreis Ruhr GmbH hat die Gründerallianz Ruhr gemeinsam mit der RAG-Stiftung, der RAG Aktiengesellschaft und Evonik ins Leben gerufen, um die Datenpotenziale des Ruhrgebiets zu nutzen und zu fördern. Dazu verbindet der Data Hub Unternehmen mit den besten Startups weltweit, um konkrete Problemstellungen in einem dreimonatigen, kuratierten Programm zu lösen.
Anwendungsfälle und Ergebnisse des Data Hub Ruhr
- RAG & Landscape B.V.: Rainfall – Minewater – Pump: Ein Teil der Ewigkeitsaufgaben der RAG Aktiengesellschaft ist das Abpumpen von Grubenwasser aus den ehemaligen Bergwerken. Dieses Wasser ist Regenwasser, welches langsam durch das Gestein fließt und schließlich in die tiefliegenden Teile eines Bergwerks gelangt. Dank KI konnte die Prognosegenauigkeit für 80% des abgepumpten Grubenwassers gesteigert werden, sodass betriebliche Abläufe besser geplant werden können.
- RAG & OmegaLambdaTec: Digitalisierung von Bergwerksplänen: Die RAG besitzt mehr als 160.000 Pläne – sogenannte Risswerke – von ehemaligen Bergwerken, die meisten davon in Papierform. Diese sind z.B. für neue Bauvorhaben oder die Gefahrenabwehr nötig. Dank KI-basierter Mustererkennung kann die RAG die Risswerke nun digital in 3D-Form abbilden, und somit deutlich präziser, schneller durchsuchbar und für zukünftige Generationen nutzbar machen. Manuell wäre dies aufgrund der schieren Datenmenge nicht möglich gewesen.
- RAG & ambeRoad: Optimierung der internen Suchmaschine: Die RAG hat in mehr als 200 Jahren Unternehmensgeschichte einen riesigen Wissens- und bergbauspezifischen Wortschatz aufgebaut. Dank intelligenter Suchalgorithmen kann dieses Wissen nun schnell, effizient und nutzerspezifisch gefunden und entsprechend übersetzt werden, sodass keine wertvollen Inhalte mit dem Austritt von Mitarbeitern verloren gehen. Für die RAG der Start zur Nutzung von KI-Methoden im Bereich Geoinformation und Suchtechnologie.
- Vonovia & Okeanos Consulting: Automatisierte Einsatzprüfung: Vonovia verfügt über mehr als 350.000 Wohnungen in allen attraktiven Städten Deutschlands und arbeitet mit verschiedenen Dienstleistern zusammen. So z. B. Winterdiensten, die bei Schnee und Eis ausrücken. Mithilfe des Data Hubs wurde eine Lösung entwickelt, mit der der Zeitaufwand für die Prüfung gemeldeter Einsätze von drei Tagen auf weniger als einen Tag reduziert werden konnte. Eine enorme Zeit- und Kostenersparnis für Vonovia.
- Vonovia & roometric: Digitale Vermessungstechnik: Vonovia hat 2019 insgesamt 15.000 Leerwohnungen modernisiert. Hinzu kamen rund 1.800 Modernisierungen auf Mieterwunsch sowie 13.200 energetische Modernisierungen. Im Rahmen des Data Hub Projektes wurde eine App entwickelt, die den Vermessungs- und Bestellprozess bei Modernisierungen komplett digitalisiert, damit signifikant schneller macht und Übertragungsfehler ausschließt.
- Evonik & sentin: Bilddatenbasierte Landwirtschaft: Mit der Business Line Animal Nutrition unterstützt Evonik Unternehmen im Bereich innovative Landwirtschaft und Tierzucht. Dank der im Rahmen des Anwendungsfalls entwickelten KI-basierten Software werden Hühner im Stall automatisch erkannt, abgegrenzt und vermessen. Auch unter Hinzunahme von anderen Sensordaten können so Wachstum, Gesundheit und Wohlbefinden permanent überwacht werden. Abweichungen vom Sollzustand werden frühzeitig erkannt, ggf. vorliegende Probleme können adressiert und die Bedingungen verbessert werden.
- NCG & resonanz Energy RE: Automatisiert Datenkorrektur: NetConnect Germany (NCG) ist für die operative Abwicklung der Marktgebietskooperation für Erdgas verantwortlich. Knapp 500 Netzbetreiber senden täglich prognostizierte sowie gemessene Verbrauchsdaten, die NCG an die relevanten Marktpartner weiterleitet. Für Analysen zu den täglichen Gasbedarfen ist eine gute Datenqualität das A und O, zum Beispiel um die Beschaffung der tatsächlich erforderlichen Gasmengen zu erreichen. Dank automatischer Datenanalyse und -bereinigung werden 90 Prozent der fehlerhaften Daten entdeckt und mit einer Vorhersagegenauigkeit von 87 Prozent bereinigt.
- NCG & resonanz Energy RE: Temperaturdatenbasierte Energie-Bedarfsplanung: Wetter und Temperaturen spielen beim Gasverbrauch eine große Rolle. Dank KI-basierter Software konnte die Genauigkeit der Vorhersage für eineinhalb Jahre um 12 Prozent gesteigert werden – was für NCG und den Markt eine verlässlichere Kostenplanung ermöglicht.Die Gründerallianz Ruhr wird von Digitalberatung und Startup-Schmiede etventure im Auftrag des Initiativkreises Ruhr geleitet.
Für weitere Informationen, Interviewanfragen und Bildmaterial:
Kontakt Gründerallianz Ruhr
Sarah Wurzer
Lead Kommunikation Gründerallianz Ruhr
Im Welterbe 5, 45128 Essen
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Head of Communication, etventure GmbH
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